Kalorienreduktion, Calorie Restriction

Calorie Restriction

Weniger essen, länger und gesünder leben?

Kurz: Calorie restriction oder caloric restriction (CR), auf Deutsch, Kalorienreduktion, hat zum Ziel die Gesundheit zu verbessern und das Altern zu verlangsamen. Das soll durch eine Verringerung der Kalorienzufuhr bei ausreichender Versorgung mit allen nötigen Nährstoffen erreicht werden.

Übersichtsarbeiten

Eine gute Übersichtsarbeit wurde im Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht (1.). In der New York Times (2.) findet sich eine populärwissenschaftliche Darstellung der calorie restriction. Eine lexikalische Abhandlung gibt es in der Wikipedia (3.).

Steigendes Interesse der wissenschaftlichen Forschung

Die Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Kalorienreduktion nimmt von Jahr zu Jahr zu. In der Datenbank ScienceDirect erhält man mit dem Suchbegriff „calorie restriction“ im Jahr 1990 204 Treffer, 2000 sind es schon 332, im Jahr 2009 sind es 854 Treffer und für das Jahr 2015 ergibt die Suche 1370 Treffer. Es ist leicht nachvollziehbar, dass die Zahl der Veröffentlichungen zu dem Thema steigt. Vermutlich ist die Kalorienreduktion eine medizinische Intervention mit großem gesundheitlichen Nutzen und geringen Kosten.

[Suche vom 30..11 2015] Search results: 20,450 results found for (calorie restriction). Year:

Mensch und Tier

Bei Menschen führt calorie restriction zu niedrigeren Cholesterinspiegeln, niedrigeren nüchternen Blutzuckerwerten und niedrigem Blutdruck. Das kann als günstige Beeinflussung von Biomarkern für das Altern und altersbedingte Erkrankungen gedeutet werden.

In Tierversuchen konnte z. B. bei Hefen, Würmern, Fruchtfliegen, Spinnen, Mäusen, Ratten und Primaten, wie Rhesusaffen, eine deutliche Verlängerung der durchschnittlichen und maximalen Lebensspanne erreicht werden.

Es ist nicht bekannt, ob calorie restriction (Kalorienreduzierung) bei schlanken, erwachsenen Menschen eine lebensverlängernde Wirkung hat. Allerdings finden bei Menschen die gleichen Veränderungen des Stoffwechsels während der calorie restriction statt, wie bei Nagetieren und Affen. So werden auch bei Menschen die metabolischen, hormonellen und entzündungsbedingten Risikofaktoren für Diabetes, Herzkreislauferkrankungen und möglicherweise auch Krebs gesenkt.

Unerwünschte Wirkungen

Übertriebene Kalorienreduktion kann jedoch Mangelernährung und anderen ungünstigen Wirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit bedingen.

Andererseits zeigt eine randomisierte, kontrollierte Studie an Menschen, die 2008 von der American Psychological Association veröffentlicht wurde, dass Kalorienreduktion nicht zu einer Häufung von Essstörungen, wie Anorexie und Bulimia nervosa führt. Es konnte in dieser Studie auch gezeigt werden, dass die psychologischen Wirkungen der calorie restriction positiv sind. (7.)

Bevor man also seine Kalorienzufuhr drastisch verringert, sollte ein Arzt konsultiert werden und außerdem sollte man sich selbst gut informieren. Sinn ist es bei Menschen nicht eine Diät zu machen, sondern seinen Ernährungsstil langfristig zu ändern. Falls man dabei zunächst und sehr langsam und gegebenenfalls mit ärztlicher Unterstützung und Überwachung ein Paar überflüssige Pfunde dauerhaft los wird, ist schon viel erreicht.

Kalorienreduktion und Zähne

Wenn durch Kalorienreduktion der Alterungsprozess verlangsamt und gesünder gestalten werden kann, dann ist das ein erheblicher Gewinn auch für die Zahnmedizin, denn Probleme mit den Zähnen und dem Zahnhalteapparat nehmen im Alter zu. Weiterhin bilden Übergewicht, zu süße Ernährung und zu viele niedermolekulare Kohlenhydrate Risikofaktoren für Parodontose und Karies (8., 9., 10.). Mit einer Kalorienreduzierung bei optimaler Nährstoffzufuhr, also ohne Mangelernährung, könnten diese Risikofaktoren ursächlich und effizient, d. h. mit geringem zeitlichem und finanziellem Aufwand, bekämpft werden.

Wenn zusätzlich, und selbstverständlich in erster Linie, die Lebenserwartung heraufgesetzt werden kann und das Risiko für viele chronische Erkrankungen sinkt, hat die Medizin beachtliche Fortschritte im Sinne der Prophylaxe gemacht. Calorie restriction schützt im Tiermodell, bis zu einem gewissen Grad, vor Alter und Tod. Ob das auch bei höheren Primaten und bei Menschen gelingt, ist noch nicht ausreichend geklärt. Vorläufige Ergebnisse stimmen allerdings optimistisch.

Kriegs- und Nachkriegszeit, Okinawa

Während und nach dem Zweiten Weltkrieg war in vielen Teilen Europas und besonders hier in Deutschland die Lebensmittelversorgung stark eingeschränkt. Neben ungünstigen Folgen durch echte Mangelernährung besonders bei Kindern, Gefangenen, Flüchtlingen … gab es auch den günstigen Effekt, dass die Sterblichkeit an Herzinfarkten drastisch abnahm.

Auf der japanischen Insel Okinawa verzehrt die Bevölkerung durchschnittlich 30% weniger Kalorien, als in den anderen Teilen des Landes. Gleichzeitig ist auf Okinawa die Rate der kardiovaskulären Erkrankungen und die Rate der Krebserkrankungen um 35% niedriger als im japanischen Durchschnitt. Und Okinawa hat weltweit den höchsten Anteil von Hundertjährigen gerechnet auf die Gesamtbevölkerung. Diese Korrelationen beweisen jedoch keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen Kalorienreduktion und Lebens-verlängerung. Es könnte sein, dass nicht die Kalorienreduktion die Ursache für diese positiven Erscheinungen ist, sondern beispielsweise genetische Besonderheiten der Inselbevölkerung oder andere Lebensgewohnheiten der Grund sind.

Altern

Seneszenz kann, mit fließenden Übergängen, unterteilt werden in:

  1. Primäres Altern, das ist der normale Abbau an biologischen Funktionen und Verschlechterungen des Körperaufbaus.
  2. Sekundäres Altern ist durch zusätzliche Krankheiten, schädliche Lebensgewohnheiten oder Umwelteinflüsse bedingt, die den Alterungs- und Abbauprozess beschleunigen, verstärken und verändern. Beispiele dafür sind der Diabetes Typ 2, Rauchen oder übermäßige Bestrahlung durch die Sonne.

Als Faktoren des primären wie sekundären Alterns werden diskutiert:

  • Schäden durch oxidativen Stress an Proteinen und DNA und unzureichende und sinkende Reparaturmöglichkeiten der DNA.
  • Nichtinfektiöse, chronische Entzündungen durch höhere Konzentrationen von Adipokinen und Zytokinen.
  • Veränderungen des Fettstoffwechsels, erhöhte Plasmakonzentration freier Fettsäuren, erhöhte Insulinresistenz
  • Vermehrte „Zellabfälle“ wie Amyloid
  • Zellverlust, der u. a. zu weniger Muskel- und Nervenzellen führt.
Tiermodelle für calorie restriction

Clive McCay publizierte 1935 an der Cornell University den ersten Tierversuch mit weißen Laborratten (4.). McCay stellte fest:

„In both retarded groups individuals of both sexes attained extreme ages beyond those of either sex that grew normally.“

Das war sozusagen die Initialzündung zur Forschung über den Zusammenhang von kalorienreduzierter Ernährung und deutlicher Verlängerung der Lebenszeit. In McCays Experiment ging die früh einsetzende calorie restriction mit einer Entwicklungsverzögerung einher, was zur Bezeichnung „retarded groups“ für die Testgruppen mit kalorienreduzierter Ernährung führte.

Man sollte hier auch erwähnen, dass die Forschung über calorie restriction bis heute an den renomiertesten Universitäten der USA stattfindet. Beim internationalen Ranking der Shanghai Jiao Tong Universität erzielte die Cornell Universität 2006 einen 12. Platz. Bis heute kann Cornell auf 40 Nobelpreisträger unter den Studenten und Fakultätsangehörigen verweisen. Es handelt sich somit nicht um „Hinterhofexperimente“.

Nebenbei können natürlich auch abseits der großen Stätten von Forschung und Lehre hervorgebrachte wissenschaftliche Entwicklungen weltbewegend und epochal sein. Ein schönes Beispiel ist Einstein, der als „Experte 3. Klasse“ beim Schweizer Patentamt in Bern seine maßgeblichen Theorien entwickelte. Einsteins Weg zum ordentlichen Professor war nach seinen bahnbrechenden Veröffentlichungen immer noch keine Ruhmesstraße:

„Einsteins Antrag auf Habilitation 1907 an der Berner Universität wurde zunächst abgelehnt, erst im folgenden Jahr war er damit erfolgreich. 1909 berief man ihn zum außerordentlichen Professor für theoretische Physik an der Universität Zürich. Im April 1911 wurde er für etwa ein Jahr ordentlicher Professor der theoretischen Physik an der deutschsprachigen Prager Universität. Damit verbunden war die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft. … Im Oktober 1912 kehrte er nach Zürich zurück, um an der Eidgenössischen Technischen Hochschule zu forschen und zu lehren, kam also als Professor dorthin, wo er 1895 die Aufnahmeprüfung nicht bestanden hatte.“(5.)

Über Wilhelm Conrad Röntgen, den Entdecker der x-rays, könnte man Ähnliches berichten. Es ist somit bei allem Respekt vor den hohen Anstalten auch Skepsis angebracht.

Zurück zu den Versuchen McCays mit Ratten an der Cornell. Die Versuche 1935 zeigten bei kalorienreduzierter Ernährung eine Verlängerung der Lebensspanne und eine Verhinderung oder Abmilderung chronischer Entzündungen.

Spätere Forschungen an Nagetieren zeigten, dass calorie restriction die Lebensspanne verlängert u. a., indem sie chronische Erkrankungen verhindert oder abschwächt. Bekämpft werden durch calorie restirction, im Tiermodell mit Nagern, die folgenden „Geiseln der Menschheit“:

  • Diabetes
  • Atheriosklerose
  • Kardiomyopathie
  • Autoimmunerkrankungen
  • Erkrankungen der Nieren
  • Krebs

Weiterhin wirkt calorie restriction hemmend auf neurodegenerative Erkrankungen wie:

  • Alzheimer
  • Parkinson
  • Huntington
  • Schlaganfall

Calorie restriction fördert zudem die neuronale Regeneration. (6.)

Ungünstig ist calorie restriction dagegen bei der seltenen amyotrophen Lateralsklerose.

Der lebensverlängernde Effekt der calorie restriction lässt sich jedoch nicht allein auf das Verhindern und Abschwächen chronischer Erkrankungen zurückführen. Es liegt neben dem Effekt auf das sekundäre Altern auch eine Wirkung auf den primären Alterungsprozess vor.

Im Tiermodell ist durch Kalorienreduktion ein längeres Leben ohne die Zunahme an schweren Krankheiten und Behinderungen im Alter möglich. Der übliche Zusammenhang von Alter und chronischen Erkrankungen ist aufgrund dieser Datenlage nicht zwingend. Die Versuchstiere werden nicht nur älter, sie altern auch gesünder. Somit verlangsamt Kalorienreduktion zum einen das primäre Altern und beugt andererseits dem durch Krankheiten bedingten sekundären Altern vor.

Mechanismen gegen das primäre Altern sind vermutlich:

  • Verringerung des Schadens durch freie Radikale (oxidativer Stress),
  • weniger zirkulierendes Schilddrüsenhormon T3 und niedrigerer Tonus des sympathischen Nervensystems, niedrigere Körpertemperatur und niedrigerer Energieverbrauch des Körpers in Ruhe,
  • geringere Neigung zu Entzündungen durch geringere Plasmaspiegel von Zytokinen und ein leicht erhöhter Cortisolspiegel,
  • Schutz gegen eine altersabhängige Verschlechterung des Immunsystems,
  • neurotrophe Faktoren und protein chaperones sind erhöht,
  • anabole Hormone und Wachstumsfaktoren sind verringert,
  • Verbesserung der Reparaturmechanismen der DNA,
  • vermehrte Beseitigung beschädigter Zelleiweiße und Fette.

Viele Effekte der calorie restriction sind vermutlich durch die Regulation der Genexpression vermittelt:

  • hochreguliert werden Gene für Zellreparatur und -überleben, für Stressresistenz und für den Schutz vor freien Radikalen,
  • vermindert wird die Expression für Entzündungsmediatoren,
  • verhindert werden einige altersbedingte Veränderungen der Genexpression.

Versuche mit Nagetieren konnten zeigen, dass für den lebensverlängernden Effekt der Kalorienreduktion nicht das niedrige Körpergewicht entscheidend ist, sondern die um 30% bis 50% verringerte Kalorienzufuhr. Tiere, die normal ernährt wurden und durch starke körperliche Bewegung im Laufrad ein reduziertes Körpergewicht hatten, zeigten keine verlängerte Lebensspanne im Gegensatz zu den Nagetieren, die sich normal bewegten und bei denen die Kalorienzufuhr gedrosselt wurde (11.).

Eine gute neuere Studie von Lefevre M, et al. (12.) untersucht den Effekt von Kalorienreduktion auf das Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen. In der randomisierten, kontrollierten Studie, mit einem Untersuchungszeitraum von 6 Monaten, wurde eine Kontrollgruppe mit einer Gruppe, die lediglich die Kalorienzufuhr um 25% senkte und einer dritten Gruppe, die zusätzlich noch aeroben Sport an 5 Tagen in der Woche betrieb, verglichen. Sowohl in der Gruppe mit Kalorienreduktion, wie auch in der Gruppe mit Kalorienreduktion plus Sport, konnte das Risiko für Herzkreislauferkrankungen signifikant gesenkt werden.

An Labormäusen konnte gezeigt werden, dass der Effekt der Kalorienreduktion nicht vom Körperfettanteil abhängt. Genetisch homozygote, fette Mäuse hatten mit kalorienreduzierter Ernährung einen mehr als zwei mal so hohen Körperfettanteil, wie genetisch normalgewichtige Mäuse ohne Kalorienreduktion. Dennoch war der Effekt der Lebensverlängerung bei den genetisch fetten Mäusen mit Kalorienreduktion vorhanden und das bei mehr als doppelt so viel Körperfett verglichen mit der Kontrollgruppe (13.).

Affen

Studien an Rhesusaffen zeigen positive Effekte der Kalorienreduktion:

  • niedrigeres Körpergewicht mit einem verminderten Fettanteil
  • niedrigere Körpertemperatur und niedrigerer Ruheenergieverbrauch
  • Minderung der Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Blutdruck, Blutfette, Blutzucker, Insulinkonzentration und -empfindlichkeit
  • Verminderung von Entzündungsparametern
  • Verminderter oxidativer Stress
  • verlangsamtes Altern des Immunsystems
Menschen

Randomisierte, kontrollierte Studien an Menschen sind für langfristige Wirkungen einer klorienreduzierten Ernährung schwierig durchzuführen. Dennoch zeigen epidemiologische Studien, dass eine kalorienreduzierte Ernährung einen positiven Effekt auf Kenngrößen des primären und sekundären Alterns und auf die Lebenserwartung hat. Lebensmittelknappheit während und nach dem zweiten Weltkrieg führte zu einer starken Abnahme der koronaren Herzkrankheit. Später, nachdem eine normale Lebensmittelversorgung wiederhergestellt war, nahm auch wieder die Rate der koronaren Herzkrankheit zu.

Die Bewohner der japanischen Insel Okinawa essen ca. 30% weniger Kalorien, als die übrigen Japaner und haben eine um 35% geringere Rate an koronarer Herzkrankheit und an bösartigen Tumoren. Zudem hat Okinawa den höchsten Anteil von Hundertjährigen auf der ganzen Welt. Diese Korrelationen bedeuten jedoch nicht unbedingt einen kausalen Zusammenhang mit der calorie restriction.

Es gibt an Menschen Studien über zufällige Kalorienreduktion und Kalorienreduktion als bewusst gewählten Lebensstil. Zudem gibt es über Zeiträume von 6 bis 12 Monaten kontrollierte randomisierte Studien. Die messbaren Veränderungen bei Menschen entsprechen denen bei Nagetieren unter calorie restriction.

Übergewicht

Der Body Mass Index (BMI) ist ein Kriterium für Normal-, Unter- und Übergewicht. Er wird wie folgt definiert: Körpergewicht in Kilogramm, dividiert durch das Quadrat der Körpergröße in Metern (kg/m²). Als Beispiel: Ein Erwachsener, der 70 kg wiegt und 1,75 m groß ist, hat einen BMI von 22,9.

Übergewicht ist durch einen BMI im Bereich 25-29.9 definiert, bei Werten von 30 und mehr spricht man von Fettleibigkeit. Üblicherweise wird ein BMI von 18.5-24.9 als „gesund“ bezeichnet, während ein BMI von 25-29.9 mit einem „leicht erhöhten Risiko“ für Begleiterkrankungen gleichgesetzt wird und ein BMI von 30 oder mehr ein „mittleres bis hohes Risiko“ signalisiert.

BODY MASS INDEX
<18.5 Untergewicht
18.5 bis 24.9 gesundes Gewicht
25 bis 29.9 Übergewicht
≥ 30 Fettleibigkeit

Übergewicht ist in den westlichen Industrieländern weit verbreitet. Auch weltweit nehmen Übergewicht und Fettleibigkeit zu. Nach Berechnungen der WHO hatten 2005

  • 1,6 Milliarden Erwachsene (Alter 15 J. +) Übergewicht;
  • mindestens 400 Millionen Erwachsene waren fettleibig [14].

Die gesundheitlichen Folgen von Übergewicht und Fettleibig sind negativ:

  • Typ-II-Diabetes
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck
  • Atemwegserkrankungen (Schlaf-Apnoe-Syndrom)
  • einige Krebsarten
  • Knochen- und Gelenksentzündungen und Überlastungen des Bewegungs- und Stützapparates
  • psychologische Probleme
  • Abfall der wahrgenommenen Lebensqualität

Das chirurgische Entfernen (Absaugen) von Fett bringt keinen gesundheitlichen Vorteil. Die Kalorienreduktion ist daher die wirksamste Behandlung dieser weit verbreiteten Ernährungsstörung.

Ungesunde Übertreibung der calorie restriction

Während des Zweiten Weltkrieges wurde mit Kriegsdienstverweigerern aus Gewissensgründen in den USA das „Minnesota Starvation Experiment“ durchgeführt. Dabei wurde für 24 Wochen die durchschnittliche Kalorienzufuhr um 45% verringert. Bei den Probanden konnte man, wie in Tierexperimenten und bei Studien an Menschen, die später durchgeführt wurden, günstige Wirkungen beobachten: Der Körperfettanteil am Gesamtgewicht nahm ab, der Blutdruck wurde niedriger, die Blutfettwerte verbesserten sich, die T3 (Trijodthyronin) Serumkonzentration sank, der Ruhepuls war niedriger und der Ruheenergieverbrauch nahm ab.

Allerdings hatte diese sehr drastische Kalorienreduktion auch erhebliche nachteilige Wirkungen, darunter Anämie, Muskelschwund, neurologische Auffälligkeiten, Ödeme in den unteren Gliedmaßen, Schwäche, Benommenheit, Lethargie, Gereiztheit und Depressionen.

Auch Patienten mit Anorexia Nervosa zeigen die negativen Folgen einer übersteigerten Kalorienreduktion. Sie leiden an Fertilitätsstörungen, trockener, faltiger und dünner Haut, dünnen Haaren, die leicht ausfallen, Knochenschwund, Blutbildungsstörungen, Störungen an Herz, Lunge und einer Schwäche des Immunsystems.

Das richtige Mass der Kalorienreduktion

Es ist nicht möglich für alle Personen ein sicheres und nützliches Mass der Kalorienreduktion anzugeben. Abhängig ist der gesunde Grad an Kalorienreduktion u. a. vom Ausgangsgewicht, dem Alter und der körperlichen Aktivität.

Eine Reduktion von 45 % bei gesunden, schlanken, jungen Männern, wie im “Minnesota Starvation Experiment”, ist zweifelsohne schädlich. Gegenwärtige klinische Studien reduzieren die Kalorienzufuhr um ca. 15 bis 25 %. Ein sinnvolles Kriterium ist der Body Mass Index (BMI). Unter einem BMI von 18,5 treten gehäuft gesundheitliche Probleme auf. Unter einem BMI von 13 bei Männern und 11 bei Frauen verhungern die Menschen in der Regel.

Referenzen:
  1. Fontana, L. and S. Klein (2007). „Aging, Adiposity, and Calorie Restriction.“ JAMA. The Journal of the American Medical Association 297(9): 986-994.
  2. Mason, M. (2006). One for the Ages: A Prescription That May Extend Life. The New York Times.
  3. Wikipedia: Kalorienrestriktion (Stand 30.11.2015)
  4. McCay CM, Crowel MF, Maynard LA. The effect of retarded growth upon the length of the life span and upon the ultimate body size. J Nutr. 1935;10:63-79.
  5. Wikipedia. Albert Einstein
  6. Plunet, W.T., et al., Dietary restriction started after spinal cord injury improves functional recovery, Exp. Neurol. (2008), doi:10.1016/j.expneurol. 2008.04.011
  7. Williamson, D. A., C. K. Martin, et al. (2008). „Is Caloric Restriction Associated With Development of Eating-Disorder Symptoms? Results From the CALERIE Trial.“ Health Psychology. American Psychological Association Volume 27 Supplement 1(January 2008): S32–S42.
  8. Reynolds et al. Effects of caloric restriction on inflammatory periodontal disease. Nutrition (Burbank, Los Angeles County, Calif) (2009) vol. 25 (1) pp. 88-97
  9. Fettleibigkeit begünstigt Zahnverlust
  10. Ylöstalo P, S.-T. L., Reunanen A, Knuuttila M. (2008). „Association between body weight and periodontal infection.“ J Clin Periodontol Apr;35(4) Epub 2008 Feb 15.: 297-304.
  11. Holloszy JO. Mortality rate and longevity of foodrestricted exercising male rats: a reevaluation. J Appl Physiol. 1997;82:399-403.
  12. Lefevre M, et al., Caloric restriction alone and with exercise improves CVD risk in healthy non-obese individuals, Atherosclerosis (2008), doi:10.1016/j.atherosclerosis.2008.05.036
  13. Harrison DE, Archer JR, Astle CM. Effects of food restriction on aging: separation of food intake and adiposity. Proc Natl Acad Sci U S A. 1984;81:1835-1838.
  14. World Health Organization. Obesity and overweight. September 2006.